Asien
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Abendessen in Melaka

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An diesem Abend fühle ich mich zum ersten Mal etwas verloren, hier vor dem indischen Restaurant. Ich habe einen Platz ganz in der Mitte bekommen, umringt von hellblauen Plastiksitzgruppen. Ein quadratischer Tisch, und vier kleine Stühle darum. Neben mir zwei dicke Chinesen in schicken Hemden und großen Smartphones, die sich gegenseitig Musik vorspielen. Dahinter eine Gruppe Kinder mit je einem Glas Kakao vor sich. Milo heißt das hier, und ist das Pendant zu Nesquik in diesem Teil der Welt. Aus dem Blickwinkel kann ich sogar zwei Deutsche erspähen, die etwas skeptisch dreinblicken und sicherheitshalber nur eine Pepsi bestellen.  (Mein Bauchgefühl und meine Menschenkenntnis sagt mir, dass es sich um Landsleute handelt. An dieser Stelle möchte ich mich für mein vorurteilsbehaftetes Denken entschuldigen.)

Weiter hinten zieht der Tandoori-Meister glühend heiße Metallschwerter mit knallroten Hähnchenschenkeln aus dem runden, qualmenden Tonofen. Danach hängt der die Hähnchenspieße in eine kleine Vitrine, wo sie nett ausgeleuchtet allen hungrigen Gästen zur Schau gestellt werden. Überall liegt der rauchige Duft von gegrilltem Fleisch in der Luft und vernebelt die Sicht. Um noch mal auf die Pepsi zurückzukommen. Ich bin erstaunt, wie wenig Mut manch einer bei der Wahl des Essens (oder in diesem Fall der Getränke) beweist. Wenn ich mit anderen Reisenden zusammen esse habe, wird die Getränkefrage fast immer ausnahmslos mit „Coke“ beantwortet. Bei Preisen um die dreizig Cent mache ich mir kaum Gedanken darüber was wäre, wenns mir nicht schmeckt sondern bestelle einfach das, was sich interessant anhört. Außerdem – wo bliebe der ganze Spaß an der Sache wenn man immer das nimmt, was man schon kennt.

Alleine Essen gehen, speziell Abendessen, finde ich noch recht gewöhnungsbedürftig. Mich überkommt dann ein schlechtes Gewissen wenn ich alleine an einen Vier-Personen-Tisch geführt werde während die vierköpfige Familie danach aus Platzmangel abgewiesen wird. Wenn man umherblickt und feststellt, dass man der einzige Dinner for One Gast ist, fühlt man sich umso seltsamer. Das Solodinner hat aber auch gute Seiten. Man hat zum Beispiel jede Menge Zeit, fremde Menschen zu beobachten und ihr Verhalten zu studieren. Wie etwas das deutsche Pärchen. Sie trägt Trekkingsandalen und eine geblümte Tunika, scheint etwas unzufrieden zu sein, er macht eine gutmütige Miene und möchte ein guter Ehemann sein.

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Einer der Angestellten kommt an meinen Tisch. Er ist klein gewachsen und schielt ein wenig, schwarze, zottelige Haare. Hat vielleicht nicht die beste Position in dem Laden hier. Er fragt ob ich noch etwas trinken möchte, ich erkläre ihm dass ich schon einen Mango Lassi bestellt habe. Einige Minuten später bringt ein anderer Kellner den Lassi an meinen Tisch. Es vergehen weitere Minuten und der kleine schielende kommt mit einem zweiten Glas raus. Auf halber Strecke erkennt er, dass da ja schon ein Glas steht. Große Verwirrung, er geht zurück. Es gibt Ärger vom Chef, man gestikuliert wild und zeigt auf mich. Wie schrecklich unangenehm. Gerne würde ich zum Chef gehen und sagen „lass gut sein, dann trink ich halt zwei“, aber das muss der arme Kerl jetzt alleine ausbaden.

Gerade weil ich alleine bin und Zeit habe bleiben mir solch banale Momente auch Monate später in Erinnerung. Und noch etwas scheint für das Alleine-Essen-Gehen zu sprechen: es schmeckt einfach besser wenn man es in Ruhe genießen kann. Vielleicht weil man umso mehr meint, sich etwas Gutes tun zu müssen – was ja schlussendlich zu dieser These beiträgt.

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